Logopädie Duplang & Piepho - Störungsbilder
Logopädie Duplang & Piepho - Stottern

Redeflussstörungen (Stottern/Poltern)

 

Stottern

 

Info

 

Die genauen Ursachen des Stotterns sind bis heute nicht geklärt. Aktuelle Forschungsergebnisse deuten allerdings auf Defizite in der Sprechmotorik sowie der Sprachverarbeitung im Gehirn. Es scheint eine genetische Disposition zu geben, da man oftmals eine familiäre Häufung beobachten kann. Wenn man auch davon ausgeht, dass die Ursachen des Stotterns im organischen Bereich liegen, weiß man, dass umweltbedingte und emotionale Einflussfaktoren die Entwicklung der Störung begünstigen, auslösen und festigen können.

 

Typisch für das Stottern ist, dass es in unterschiedlichen Sprechsituationen unterschiedlich stark ausgeprägt ist. Bei den Symptomen wird zwischen Primärsymptomen (ursprüngliche Symptome) und Sekundärsymptome (Symptome, die als Reaktion auf die Störung auftreten) unterschieden.

 

Primärsymptome

  • Wiederholungen von Lauten und Silben (z. B. „Bababababall“)
  • Dehnungen (Prolongationen) von Wortteilen (z. B. „Mmmmmmmama“)
  • Blockierungen (Blocks) von Sprechbewegungen (z. B. „K…offer“)

 

Sekundärsymptome

  • Vermeidungsverhalten (z.B. Vermeidung von Sprechsituationen, Blickkontakt, Wörtern oder Satzumstellungen beim Sprechen)
  • Psychische Anspannung bis hin zu Angstzuständen
  • Körperliche Anspannung sowie mimische und ganzkörperliche Mitbewegungen

 

Entwicklungsbedingte Sprechunflüssigkeiten müssen vom Stottern unterschieden werden. Sie entstehen durch Eigenkorrekturen des Kindes beim Erlernen der Sprache und sind völlig normal. Entwicklungsunflüssigkeiten betreffen 80 % aller Kinder innerhalb der ersten fünf Lebensjahre auf und sind durch lockere Silben-, Wort- und Satzteilwiederholungen gekennzeichnet . Da eine Abgrenzung zu einem beginnenden Stottern häufig nicht einfach ist, sollten Sie einen Fachmann aufsuchen, wenn die Unflüssigkeiten länger als drei Monate am Stück fortbestehen.

 


Therapie
 

Stottern ist bis heute nicht heilbar. Daher ist es das Ziel einer Stottertherapie, Ängste hinsichtlich des Stotterns abzubauen und einen selbstbewussten Umgang mit der Störung zu erlernen. Durch gezielte Übungen ist es darüber hinaus möglich, eine Kontrolle des eigenen Sprechens zu erlernen, die dazu beiträgt, dass die Symptome zurückgehen oder im besten Fall ganz verschwinden.

 

Die meisten Therapiebausteine basieren dabei heute auf dem Non-Avoidance- (Nicht-Vermeidungsansatz) oder  dem Fluency-Shaping-Ansatz (sprechtechnischer Ansatz). Dabei kann auch eine Kombination einzelner Anteile beider Ansätze gewählt werden.

 

Eine spezielle Therapieform zur Behandlung von Stotterproblemen bei Kindern ist das Lidcombe-Programm. Es wurde entwickelt, um die Eltern der betroffenen Kinder aktiv in die Therapie einzubinden. Es besteht aus einer Kombination von direkten und indirekten Behandlungstechniken, die sich auf die Sprachproduktion, die Kommunikationsfähigkeit und die Interaktion mit anderen Menschen konzentrieren. Das Ziel ist es, die Sprachproduktion des Kindes zu verbessern und das Selbstbewusstsein und die soziale Interaktion zu fördern. Das Programm hat sich als sehr erfolgreich erwiesen und wird weltweit eingesetzt

 

Mögliche Inhalte einer Stottertherapie können sein:

 

  • Förderung der Eigenwahrnehmung (insbesondere für das eigene Stottern)
  • Abbau von Sekundärsymptomatik
  • Übungen zur Koordination und Regulierung des Atem- und Sprechablaufs
  • Erarbeitung der Stotterkontrolle
  • Rollenspiele, Dialogübungen und In-vivo-Training (Übungen in realen Alltagssituationen)

 

 

Verbände und Selbsthilfegruppen

 

 

 

Poltern

 

Info

 

Poltern ist durch ein überhastetes, unrhythmisches Sprechen gekennzeichnet. Die Aussprache ist meist undeutlich und verwaschen, Sätze werden abgebrochen und Wortteile oder ganze Wörter werden verschluckt. Im Gegensatz zum Stottern besitzen Menschen, die poltern, oft kein ausgeprägtes Störungsbewusstsein vor.

 

Wie beim Stottern sind die Ursachen des Polterns noch nicht eindeutig geklärt. Genetische und motorische Faktoren werden vermutet. Außerdem wird eine Diskrepanz zwischen der Geschwindigkeit des Denkens und der Umsetzung der Gedanken in Sprechbewegungen (temporale Faktoren) diskutiert.

 

Häufige Symptome sind:

 

  • Lautersetzungen (z.B. aus „das Kind geht“ wird „das Kind keht“)
  • Lautveränderungen (z.B. aus „zwischen“ wird „schwitzen“)
  • Verschmelzungen von Lauten und Silbenfolgen (z.B. aus „Geburtstag“ wird „Gurtstag“)
  • Satzabbrüche (z.B. „der Junge darf…was machst du?“)
  • Auslassungen (z.B. „der Mann geht Straße“ statt „der Mann geht über die Straße“)

 

 

Therapie
 

Poltern ist wie das Stottern nicht heilbar. Daher ist es das Ziel der logopädischen Therapie, eine Verbesserung des Sprechablaufs und der Aussprache über gezielte Steuerungsvorgänge zu erreichen. Dabei steht neben Übungen zur Kontrolle der Atem-, Stimm- und Sprechmotorik die Schulung der Eigenwahrnehmung im Mittelpunkt der Behandlung. Die Betroffenen sollen lernen, sich selbst als Sprecher wahrzunehmen und zu analysieren als Voraussetzung, um das eigene Sprechen gezielt zu beeinflussen.

 

Mögliche Therapieinhalte sind:

 

  • Schulung der Eigenwahrnehmung
  • Atem- und Stimmübungen
  • Übungen zur Artikulationsmotorik
  • Laut- und Silbenübungen
  • Wort- und Reihensatzübungen
  • Satz- und Spontansprachübungen
  • Sprechkontrolle (z.B. über das Pacing-Board)

Stottern bei Kindern

Wie Ihr helfen könnt

von Dirk Piepho

 

 

Heute möchte ich Euch von einer Erfahrung erzählen, die mir als Logopäde besonders im Gedächtnis geblieben ist. Vor einiger Zeit kam ein kleiner Junge namens Jonas zu mir in die Praxis. Er war fünf Jahre alt und hatte in den letzten Monaten immer häufiger Schwierigkeiten beim Sprechen. 

Oft konnte er einfache Wörter wie „Mama“ oder „Auto“ nicht flüssig aussprechen und wiederholte stattdessen die Anfangslaute: „Ma-ma-ma-ma-mama“. Wenn er aufgeregt war, schien es, als ob die Worte in seinem Mund feststeckten.

Seine Mutter war sichtlich besorgt und fragte mich: „Wächst sich das nicht von alleine aus?“ Diese Frage höre ich von vielen Eltern. Tatsächlich ist es nicht ungewöhnlich, dass Kinder in einem bestimmten Alter mit dem Sprachfluss kämpfen. Doch ab wann solltet Ihr Euch wirklich Sorgen machen? Und was könnt Ihr tun, um Eurem Kind zu helfen?

In diesem Artikel möchte ich Euch einige Informationen über die Hintergründe des Stotterns, die Symptome, Therapiemöglichkeiten und wichtige Warnsignale geben, bei denen Ihr professionelle Hilfe in Anspruch nehmen solltet.

 

Was ist Stottern und wie entsteht es?

Stottern ist mehr als nur eine Phase des „holprigen“ Sprechens. Es handelt sich um eine Sprachstörung, bei der der normale Redefluss unterbrochen wird. Stottern kann sich durch Wiederholungen von Lauten oder Silben, Dehnungen von Wörtern oder Blockierungen äußern. Zum Beispiel wiederholt ein stotterndes Kind oft Laute, bevor es das Wort richtig aussprechen kann: „B-b-b-ball“.

Die genauen Ursachen für Stottern sind nicht immer klar. Viele Experten sind sich jedoch einig, dass genetische Faktoren eine Rolle spielen. Wenn in Eurer Familie schon einmal jemand gestottert hat, könnte Euer Kind ebenfalls betroffen sein. Auch neurologische Aspekte können eine Rolle spielen – das Gehirn verarbeitet Sprache möglicherweise anders, was zu Stottern führen kann. Zusätzlich können Umweltfaktoren eine Rolle spielen. Ich erinnere mich, dass Jonas’ Eltern mir erzählten, dass er besonders dann stotterte, wenn er im Kindergarten vor der Gruppe sprechen musste. Zu Hause war sein Sprechen oft flüssiger, während er in der KiTa mehr unter Druck stand.

 

Symptome des Stotterns

Es gibt verschiedene Symptome, auf die Ihr achten könnt, wenn Ihr bei Eurem Kind Stottern vermutet. Hier sind einige häufige Anzeichen:

 

  1. Wiederholungen von Lauten oder Silben: Euer Kind könnte häufig bestimmte Laute oder Silben wiederholen, wie in „B-b-b-ball“.
  2. Dehnungen von Lauten: Euer Kind könnte Laute länger als gewöhnlich ziehen, wie „Sssssonne“.
  3. Blockierungen: Manchmal bleibt Euer Kind mitten im Wort „stecken“ und kann für einen Moment nichts sagen. Dabei wirkt es möglicherweise sichtbar angestrengt.
  4. Körperspannungen oder Grimassen: Manche Kinder zeigen Anzeichen von Anspannung oder machen Grimassen, wenn sie stottern. Jonas zum Beispiel bewegte oft seine Augen schnell hin und her, während er versuchte, ein Wort zu sagen.
  5. Veränderungen des Sprachflusses in bestimmten Situationen: Wenn Euer Kind in bestimmten Situationen – etwa bei Aufregung oder Stress – stottert, könnte dies ein weiteres Indiz sein.

 

Diese Symptome können einzeln oder in Kombination auftreten.


Therapiemöglichkeiten

Wenn Ihr feststellt, dass Euer Kind stottert, gibt es viele Möglichkeiten, wie Ihr es unterstützen könnt. Hier sind einige Tipps für den Alltag:

 

  • Sprecht langsam und deutlich: Kinder werden Euch unbewusst folgen, wenn Ihr ruhig und in einem langsamen Tempo sprecht. Vermeidet es, Euer Kind zu drängen, schneller zu sprechen oder Sätze für es zu beenden.
  • Seid geduldig und hört aufmerksam zu: Lasst Euer Kind in Ruhe seine Gedanken ausdrücken, auch wenn es dabei stottert. Zeigt, dass Ihr ihm zuhört und das Stottern nicht negativ bewertet.
  • Schafft eine entspannte Gesprächsatmosphäre: Besonders in stressigen Situationen – etwa am Esstisch, wenn alle durcheinander sprechen – kann das Stottern verstärkt auftreten. Gebt Eurem Kind Raum, ohne Druck zu sprechen.


Wenn das Stottern jedoch länger anhält oder sich verstärkt, kann eine gezielte Therapie hilfreich sein. In der Logopädie arbeiten wir mit verschiedenen Methoden, die auf die Bedürfnisse Eures Kindes abgestimmt sind. Bei der direkten Therapie lernen Kinder, den Sprachfluss aktiv zu verbessern, während bei der indirekten Therapie das Umfeld des Kindes, einschließlich der Eltern und Erzieher, geschult wird, um das Sprechen positiv zu unterstützen.

 

Wann solltet Ihr professionelle Hilfe in Anspruch nehmen?

Es ist nicht immer einfach zu entscheiden, ob das Stottern nur eine vorübergehende Phase ist oder ob Ihr aktiv werden solltet. Hier sind fünf Anzeichen, bei denen Ihr unbedingt professionelle Unterstützung suchen solltet:

 

  1. Das Stottern dauert länger als sechs Monate an: Wenn sich der Sprachfluss über einen längeren Zeitraum nicht verbessert, ist es ratsam, einen Logopäden aufzusuchen. In Jonas’ Fall wurde das Stottern nach mehreren Monaten nicht besser, und seine Eltern entschieden sich, ihn zu mir zu bringen.
  2. Euer Kind hat starke körperliche Anstrengungen beim Sprechen: Wenn Euer Kind beim Sprechen verkrampft wirkt oder sich stark konzentrieren muss, könnte das auf ein schwerwiegenderes Stottern hindeuten.
  3. Das Stottern tritt plötzlich und heftig auf: Sollte das Stottern plötzlich sehr stark werden, ohne dass vorher Anzeichen dafür da waren, ist es wichtig, die Ursache abzuklären.
  4. Euer Kind zeigt Angst oder vermeidet das Sprechen: Wenn Euer Kind beginnt, das Sprechen zu vermeiden oder zurückhaltender wird, aus Angst zu stottern, ist professionelle Hilfe unerlässlich.
  5. Das Stottern belastet Euer Kind emotional: Kinder sind oft sehr sensibel, wenn sie anders sprechen als ihre Freunde. Wenn Euer Kind durch das Stottern emotional belastet ist oder sich zurückzieht, solltet Ihr nicht zögern, einen Spezialisten aufzusuchen.

 

Fazit

Stottern kann für Euch und Euer Kind eine herausfordernde Zeit sein. Seid geduldig und verständnisvoll und zeigt Eurem Kind, dass es in einem sicheren Umfeld sprechen kann. In vielen Fällen lässt sich das Stottern gut behandeln, und mit der richtigen Unterstützung kann Euer Kind seine Sprachfähigkeiten verbessern und ein gesundes Selbstbewusstsein entwickeln.

Wenn Ihr bei Eurem Kind einige der oben genannten Warnsignale bemerkt, zögert nicht, professionelle Hilfe zu suchen. Gemeinsam können wir den Weg zu einem flüssigeren Sprechen ebnen.

Hier findet ihr weitere Informationen zum Thema.  Seid ihr unsicher, sprecht mit eurer Kinderärztin oder eurem Kinderarzt über das Thema oder meldet euch bei uns.

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