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Myofunktionelle Störungen

Woran ihr sie erkennt und wie ihr eurem Kind helfen könnt

von Dirk Piepho

 

 

Stell dir vor, du gehst mit deinem Kind zum Zahnarzt für eine ganz normale Kontrolle. Alles scheint in Ordnung, bis der Zahnarzt plötzlich sagt: „Ihr Kind hat eine myofunktionelle Störung.“ Du bist vielleicht erstmal völlig überrascht und fragst dich: „Was ist das? Wieso habe ich davon noch nie gehört?“ Keine Sorge, das geht vielen Eltern so. Myofunktionelle Störungen sind zwar häufig, aber vielen gar nicht bekannt. In diesem Artikel erkläre ich euch, was das ist, woran ihr sie erkennt und wie ihr eurem Kind helfen könnt.

 

Was ist eine myofunktionelle Störung?

Eine myofunktionelle Störung, kurz MFS, betrifft die Muskeln im Mund und Gesicht. Diese Muskeln sind verantwortlich für ganz alltägliche Dinge wie das Kauen, Schlucken, Atmen und auch Sprechen. Bei einer myofunktionellen Störung funktionieren diese Muskeln nicht richtig. Das kann zu Problemen führen, die manchmal erst auf den zweiten Blick auffallen.

Ein häufiges Beispiel ist das sogenannte „Zungenschlucken“. Dabei drückt die Zunge beim Schlucken gegen die Zähne statt gegen den Gaumen. Das klingt vielleicht harmlos, kann aber auf Dauer die Zahnstellung und sogar die Kieferform beeinflussen.

 

Wie erkennt man eine myofunktionelle Störung?

Vielleicht hast du dich gefragt, ob dir so eine Störung bei deinem Kind gar nicht aufgefallen ist. Tatsächlich sind die Anzeichen oft schwer zu erkennen, besonders wenn man nicht weiß, worauf man achten soll. Hier sind einige typische Merkmale, die auf eine myofunktionelle Störung hinweisen könnten:

  1. Mundatmung: Dein Kind atmet oft durch den Mund, auch wenn es nicht erkältet ist? Das könnte ein Hinweis sein. Bei einer myofunktionellen Störung ist die Nasenatmung manchmal gestört, weil die Zunge nicht richtig liegt oder weil die Mundmuskulatur zu schwach ist.
  2. Zungenfehlfunktion beim Schlucken: Achte mal darauf, wie dein Kind schluckt. Wenn die Zunge zwischen die Zähne rutscht, könnte das auf eine Störung hinweisen. Kinder mit einer myofunktionellen Störung entwickeln oft ein falsches Schluckmuster, das sich langfristig auf die Zahnstellung auswirkt.

  3. Sprachprobleme: Hat dein Kind Schwierigkeiten, bestimmte Laute zu bilden, zum Beispiel ein Lispeln (Sigmatismus)? Das könnte ebenfalls ein Hinweis auf eine Fehlfunktion der Zungen- oder Mundmuskulatur sein.

  4. Zahn- und Kieferfehlstellungen: Wenn der Zahnarzt feststellt, dass die Zähne deines Kindes schief wachsen oder der Kiefer nicht richtig ausgebildet ist, kann das mit einer myofunktionellen Störung zusammenhängen. Besonders häufig treten Probleme wie ein offener Biss oder ein Überbiss auf.

  5. Probleme beim Kauen oder langsames Essen: Kinder mit MFS kauen oft langsamer oder haben Schwierigkeiten, Nahrung richtig zu zerkleinern. Das liegt daran, dass die Muskeln im Mund- und Kieferbereich nicht stark genug arbeiten.

 

Welche Ursachen gibt es?

Es gibt verschiedene Gründe, warum eine myofunktionelle Störung entstehen kann. Manche Kinder entwickeln sie, weil sie lange an Schnuller oder Daumen nuckeln. Diese Gewohnheiten können die natürliche Muskelentwicklung stören. Auch eine chronische Mundatmung durch vergrößerte Mandeln oder Polypen kann zu MFS führen, weil die Zunge nicht mehr an ihrem richtigen Platz liegt. 

Ein weiterer häufiger Grund ist ein zu kurzes Zungenbändchen. Wenn die Zunge nicht genug Bewegungsfreiheit hat, kann das ebenfalls das Schluck- und Sprechverhalten beeinflussen.

 

Was passiert, wenn die Störung nicht behandelt wird?

Vielleicht fragst du dich: „Ist das wirklich so schlimm?“ Leider ja, wenn eine myofunktionelle Störung nicht behandelt wird, können die Folgen weitreichend sein.

  1. Zahnfehlstellungen: Wenn die Zunge immer wieder gegen die Zähne drückt, anstatt richtig zu schlucken, kann das zu schiefen Zähnen führen. Oft wird dann eine aufwendige kieferorthopädische Behandlung notwendig, um die Zähne zu korrigieren.
  2. Kieferprobleme: Auch der Kiefer kann sich durch eine falsche Zungenlage oder eine schwache Mundmuskulatur falsch entwickeln. Das kann zu einem offenen Biss, Überbiss oder Kreuzbiss führen.
  3. Dauerhafte Sprachprobleme: Kinder, die aufgrund einer myofunktionellen Störung nicht richtig sprechen lernen, könnten auch als Erwachsene weiterhin Schwierigkeiten mit bestimmten Lauten haben. Besonders das Lispeln bleibt oft ohne Therapie bestehen.
  4. Gesundheitsprobleme: Eine gestörte Atmung durch den Mund kann zu weiteren Problemen führen, etwa zu häufigeren Infekten oder sogar einer schlechten Schlafqualität, was die Konzentration und das allgemeine Wohlbefinden beeinflussen kann.

 

Wer kann bei myofunktionellen Störungen helfen?

Wenn bei deinem Kind der Verdacht auf eine myofunktionelle Störung besteht, ist es wichtig, schnell die richtigen Fachleute hinzuzuziehen. Hier sind die wichtigsten Anlaufstellen:

  1. Logopäden: Logopäden sind die Experten, wenn es um myofunktionelle Störungen geht. Sie können eine genaue Diagnose stellen und mit gezielten Übungen die Muskulatur im Mund- und Gesichtsbereich stärken. Dabei wird auch das Schluck- und Atemverhalten korrigiert.
  2. Kieferorthopäden: Falls die Zähne oder der Kiefer deines Kindes bereits Fehlstellungen zeigen, kann ein Kieferorthopäde helfen. Oft arbeiten Logopäden und Kieferorthopäden eng zusammen, um sowohl die Muskel- als auch die Zahnprobleme zu lösen.
  3. HNO-Ärzte: Wenn die Mundatmung durch vergrößerte Mandeln oder Polypen verursacht wird, kann ein Hals-Nasen-Ohren-Arzt weiterhelfen. Manchmal ist eine kleine Operation notwendig, um die Atmung zu verbessern und das Schluckverhalten zu normalisieren.

 

Wie sieht die Therapie aus?

Die Behandlung einer myofunktionellen Störung erfordert Geduld, aber die Erfolge sind es wert. Hier gebe ich euch einen Einblick in den Ablauf der logopädischen Therapie.

  1. Erstgespräch und Diagnose: Zuerst wird der Logopäde sich das Schluckverhalten deines Kindes genau anschauen und testen, wie die Muskulatur arbeitet. Dabei wird auch die Atemweise, die Zungenlage und die gesamte Mundmotorik untersucht. Diese genaue Analyse hilft, die passenden Übungen zu finden.
  2. Muskeltraining: Ein wichtiger Teil der Therapie ist das gezielte Training der Muskeln im Mund- und Gesichtsbereich. Das können einfache Übungen sein, wie das Pressen der Zunge gegen den Gaumen oder das bewusste Schließen der Lippen. Es geht darum, die Muskulatur zu stärken und falsche Bewegungsmuster zu korrigieren.
  3. Schluckübungen: Dein Kind lernt Schritt für Schritt, richtig zu schlucken. Die Zunge soll dabei nicht mehr gegen die Zähne drücken, sondern sich korrekt an den Gaumen legen. Diese Umstellung dauert oft etwas, aber regelmäßiges Üben bringt den Erfolg.
  4. Atemtraining: Ein weiterer Schwerpunkt liegt darauf, die Nasenatmung zu fördern. Wenn dein Kind bisher viel durch den Mund geatmet hat, lernt es nun, wieder mehr durch die Nase zu atmen. Das hilft nicht nur der Muskulatur, sondern kann auch das allgemeine Wohlbefinden steigern.
  5. Sprachtherapie: Falls dein Kind auch Schwierigkeiten mit der Lautbildung hat, wird parallel dazu die Sprachentwicklung gefördert. Besonders das Lispeln lässt sich durch gezielte Übungen oft schnell verbessern.
  6. Übung im Alltag: Damit die Therapie auch wirklich langfristig wirkt, müssen die erlernten Übungen regelmäßig zu Hause weitergeübt werden. Der Logopäde gibt euch dafür einfache Anleitungen mit, die ihr leicht in den Alltag integrieren könnt.

 

 

Fazit

Myofunktionelle Störungen mögen auf den ersten Blick kompliziert wirken, aber mit der richtigen Unterstützung kann man viel erreichen. Wenn du bei deinem Kind Anzeichen wie Mundatmung, Zungenfehlfunktionen oder Sprachprobleme bemerkst, ist es wichtig, frühzeitig zu handeln. Ein Logopäde kann euch durch gezielte Übungen helfen, die Störung zu beheben, bevor langfristige Folgen entstehen.

Auch wenn die Diagnose im ersten Moment beunruhigend erscheint, bist du nicht allein. Viele Eltern kennen diese Situation, und es gibt Fachleute, die euch auf dem Weg begleiten. Mit Geduld und regelmäßiger Übung könnt ihr die Probleme Schritt für Schritt in den Griff bekommen – und eurem Kind zu einer gesunden Entwicklung verhelfen.

Solltest du bei deinem Kind eines oder mehrere der oben genannten Symptome beobachten, solltest du dies einmal beim Nächten Zahnarztbesuch ansprechen. Zeigt dein Kind Anzeichen einer myofunktionellen Störung, stehen wir dir mit Rat und Tat zur Seite. Kontaktiere uns für eine persönliche Beratung – gemeinsam finden wir die beste Lösung!

Hier findest du weitere Informationen zum Thema!